Lektorat Susanne Hahn:  Sport – Medizin – Gesundheit

04.06.2025

Schuhe: stabile und neutrale, Pronation und Supination

Schuhe – der wichtigste Ausrüstungsgegenstand für Läufer und Läuferinnen. 
Viele der Begriffe, die uns bei der Wahl eines Laufschuhs begegnen, sind international und gehen auf das Lateinische zurück. Die erste Frage bei der Schuhwahl könnte lauten: stabile oder neutrale Laufschuhe? Stabile? Das Adjektiv „stabil“ geht auf lateinisch stabilis zurück und bedeutet „fest, feststehend“ (zum Verb lateinisch stāre „stehen“): Schuhe, die stehen? Sie sollen doch zum Laufen sein! Und was steht zur Alternative? Neutrale? Die Bedeutung von „neutral“ führt auch kaum weiter, das Adjektiv spätlateinisch neutralis kommt von neuter, das eine Zusammenziehung von ne und uter ist und einfach „nicht einer von beiden“, also „keiner von beiden“ heißt. Was sagt das dann bitte über einen Laufschuh aus, passt der an keinen der Füße? Nein: Als neutralen Laufschuh spricht man von einem Schuh für Normalfußläufer. Das sind Läuferinnen und Läufer, die „normale“ Füße haben, das heißt, sie weisen keine Fußfehlstellung auf. Leider ist das die Minderheit: Schätzungsweise 60 bis 80 Prozent der erwachsenen Deutschen haben einen Knick-, Senk- oder einen Spreizfuß. Oder einen Knick-Senk-Spreizfuß. Bei einer Fußfehlstellung sind für ein sauberes Abrollverhalten stabilisierende Elemente sinnvoll, die einen Stabilschuh kennzeichnen, in erster Linie eine Pronationsstütze. Pro-na-tion – wieder ein Begriff, den man erst einmal verstehen muss!

Pronation und Supination
Pronation und Supination sind ein Gegensatzpaar. Zuerst zur Pronation an: So bezeichnet man die Einwärtsdrehung (Einwärtsrotation) des Fußes beim Aufsetzen. Dies ist ein ganz natürlicher, unwillkürlicher Vorgang: Indem der äußere Fußrand ein wenig gehoben und der innere Fußrand abgesenkt wird, werden die Aufprallkräfte gedämpft. In welchem Maß „proniert“ wird, ist individuell verschieden. Wie es ja auch ganz individuell ist, wie weit man sich im Stand mit gestreckten Beinen nach unten neigen kann. Pronation geht nämlich auf lateinisch pronare‎ „vorwärts neigen, bücken“ zurück. Den Grad der Pronation kann man durch die Winkelstellung des Fußgelenkes unter Belastung ermitteln. Geht dieser Winkel über das Normale hinaus, werden die Bänder, Sehnen und Gelenke über die Maßen beansprucht und man spricht von einer Überpronation. Zu einer „Unterpronation“ kommt es, wenn die Außenseite des Fußes beim Abrollvorgang beteiligt ist. Das nennt man auch Supination. Denn lateinisch supinare bedeutet „rückwärts beugen, rückwärts biegen“.
Wenn bei dir eine Überpronation oder Supination vorliegt, frage bitte immer nach einem „Stabilschuh“ – und nicht (mit deinen Kenntnissen des Lateinischen) nach einem „utralen“ Schuh. Ein Nachfolger von lateinisch uter („einer von beiden“) hat es nämlich nicht in die heutige Sprache geschafft.